Freitag, Juni 06, 2014

Dreifrankenneunzig

Es ist ja so: auf dem Rückweg vom Wochengrosseinkauf überschreite ich eine EU-Aussengrenze. Die Schweiz gehört zwar zum Schengenraum, zur EU aber nicht. Deswegen gibt es auch Einfuhrgrenzen und Zölle, logischerweise auf alles, was in der Schweiz selber auch hergestellt wird und dort logischerweise (die freilaufenden Schweizer Bauern, Kühe, Hühner etc.) teuerer ist als im Billigausland, Deutschland zum Beispiel, und natürlich auf alles, wo der Staat mit Extrasteuern irgendwie noch beteiligt ist, nämlich Alkohol, Zigaretten, solche Sachen.
Es gibt Einfuhrfreigrenzen, die jeder regelmässige Grenzüberquerer in Fleisch und BLut hat und beim Einkauf (mehr oder weniger) berücksichtigt. Ab 1. Juli ändert sich das alles, man wird sehen, ob die angedachte Vereinfachung erstmal zur grossen Verwirrung führen wird.
Diese Freimengen werden natürlich auch kontrolliert, ausserdem bekommt man als jemand, der seinen Wohnsitz ausserhalb der EU hat, die deutsche Mehrwertsteuer erstattet, wenn man die Ausfuhr beweisen kann, an der deutsch-shweizerischen Grenze ist also reger Publikumsverkehr im Zollamt.
Die Kontrollen der Schweizer (die Deutschen kontrollieren eher Deutsche auf Schwarzgeld) beschränken sich aber meist auf Autos mit Kennzeichen, die nicht aus dem direkten Umfeld des Grenzübergangs stammen (und natürlich den natürlichen Instinkt des Grenzwächters an sich. Oder so), weil man bei denen ja praktisch davon ausgehen muss, dass sie, damit sich die weite Fahrt zB von Bern nach Rheinfelden/Baden lohnt, mindestens ein halbes Rind im Kofferraum schmuggeln.
Ausserdem wird vor traditionell fleischlastigen Feiertagen (Weihnachten) mehr kontrolliert als sonst, und heute, Freitagnachmittag vor einem langen Wochenende mit bombigem Grillwetter, da war offensichtlich Bier- und Grillfleischrazzia angesagt. Während sich die Schweizer Grenzwächter und Zöllner meist auf eben die Autos, die sie beim Grenzübertritt selber (s.o.) rausziehen und die ehrlichen Menschen, die bei Überschreiten der Freimengen direkt nach dem Abstempeln bei den deutschen Zöllnern an das Schweizer Fensterchen zum Zahlen marschieren, waren heute (erstaunlicherweise weithin sichtbar) eine ganze Menge Grenzwächter mehr im Einsatz, die nahezu sämtliche Autos, die nach erfolgtem Mehrwertsteuerzettelabstempeln vom Parkplatz losfuhren und demensprechend entweder sämtliche Formalitäten korrekt erledigt hatten oder aber Schmuggler waren, rauszuwinken und am Strassenrand zu filzen.
Nachdem ich darauf je erstens gar keine Lust hatte (ich hatte drei Pakete Magnums im Kofferraum, die eh schon am Schmelzen waren) und zweitens wegen angekündigtem Schwestermitfreundbesuch für das ganze Wochenende eben Grillfleisch in grossen Mengen sowie Bier, Sekt und Pitu für ein lustiges Wochenende eingekauft hatte, (dank der mitreisenden Kindern war die Fleischmenge im erlaubten Freirahmen, bei Alkoholika zählen aber nur Erwachsene ;-) sind wir also vorblidlich freiwillig mit unserem meterlangen Einkaufszettel zum Schweizer Zoll marschiert. Dort bekannte ich ehrlich, dass ich eben dabei wäre, mehr Alkohol als frei erlaubt, einzuführen. Die beiden Zöllner holten also einen Leuchtmarker, markierten auf dem Einkaufszettel alles, was nach Alkohol aussah, glaubten mir sogar, dass zwei der Sixpacks alkoholfreies Paulaner Weissbier wären, dann wurde es kurz schwierig, weil die Grenze zwischen zwei Zollklassen liegt bei 15% Alkohol und die Flasche Aperol hatte eben genau 15%, dann wurde kurz gerechnet, dann ein anderes Modell gerechnet, die Champagnertabelle herangezogen, nochmal gerechnet, nochmal überlegt, der Aperol abgerundet und nochmal gerechnet, die Merhwertsteuer rausgerechnet, die Schweizer Mehrwertsteuer draufgerechnet, die verschiedenen Zollsätze nochmal überprüft und dann bekam ich meine Rechnung. Über 3.90CHF. Und ja, sogar der Zöllner hat gelacht. Ich habe jetzt ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil ich zwei Angestellte des Schweizer Zolldepartements für mindestens 10 Minuten beansprucht habe und nur 3.90 CHF in die Staatskasse gespült habe. Ich hoffe schwer, für die beiden Zöllner, dass das nicht ansatzweise ihren Stundenlohn deckt.....

(Naja, und um die Geschichte noch langeweiliger enden zu lassen: es war alles für die Katz eigentlich, weil ich meine Quittung und den doppelt und dreifach abgestempelten Einkaufszettel nicht mal vorzeigen konnte, weil der letzte freie Grenzwächter sich das Auto vor uns zum Filzen schnappte.....so snd wir mehr oder weniger direkt heimgefahren und um Maurice Sendak leicht abgewandelt zu zitieren: "Und das Eis war noch gefroren")

1 Kommentar:

Irene hat gesagt…

Als ich noch in der WG mit meinem Bruder wohnte, holten wir gelegentlich einen Kasten Bier "ennet der Grenze". Das war minim mehr als frei für 2 Personen - wir haben das immer deklariert, und immer wurden wir weitergewunken... die Zöllner hatten nie Lust, wegen 2 Flaschen und vermutlich eher 50 Rappen als 3 Franken Zollgebühr den Papierkrieg zu starten.